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Hommage an den Bäckerstand meiner alten Schule
Sobald es gegongt (= geklingelt / geläutet, heißt ja überall anders) hat, stürmt alles Richtung Bäckerstand. Die Glücklichen, die sich einen Platz in vorderster Reihe erkämpfen konnten, versuchen diesen natürlich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Ellenbogen zu verteidigen (läuft meist auf zwei hinaus - Ellbogen meine ich jetzt). Diejenigen, die das Pech hatten, zu spät gekommen zu sein, versuchen nun duch Drücken und Quetschen den Leuten vor ihnen die Luft abzuschnüren, um dann mit einer bei dieser Sorte Schülern sonst nie gesehenen Gewandtheit den Platz an vorderster Front einzunehmen. Vorne angelangt versuchen sie dann ihre Wünsche so laut kundzutun, dass sie ihren Nachbar übertönen, um schnellst möglich an das Objekt ihrer Begierde zu gelangen.
Wenn sie nun haben, wofür sie so lange gekämpft haben, ist der Spuk aber noch nicht vorbei. Nein - nun geht er erst richtig los. Denn nun müssen sie gegen den Druck und das Gequetsche der hinteren Schüler ankämpfend, einen Weg finden, aus diesem Getöse wieder lebend hinauszukommen. Dieser Weg führt meist über wehrlose Fünftklässer (falls überhaupt ein Fünftklässer das Gequetsche der hinteren Schüler überlebt hat).
Wenn sie nun endlich dem Getose entgangen sind, das natürlich noch weiterbrandet, können sie endlich in aller Ruhe ihre halbe Brezel - die andere Hälfte ist auf dem Rückweg verloren gegangen - essen. Na ja, fast in Ruhe. Es hat ja schon 2/3 der Pause gekostet an die Brezel, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Vortag ist, zu gelangen.
Und dann wundern sich die Lehrer, wenn die Schüler ausgelaugt und hungrig im Unterricht erscheinen. Und jeder, der es wagt, im Unterricht zu essen, bekommt einen Klassenbucheintrag. Ein Teufelskreis. Aber es ist ja kein Wunder, dass die Lehrer kein Verständnis für die armen Schüler haben, weil dieses Problem in Lehrerkreisen nicht existiert. So weiß ich aus sicherer Quelle (meine Mutter ist Lehrerin an dieser Schule), dass es im Lehrerzimmer ebenfalls Brezeln gibt. Und diese bekommt man völlig stoß- und stresfrei. Außerdem gibt es leckere, tagfrische Kaffeestückchen *neidisch schau*. Die Lehrer müssen also nie mit knurrendem Magen den Unterricht beginnen.
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